Komfort-Trekking: „Mountain Lodges of Peru“

 
Ohne Schlafsack unterwegs auf dem Salcantay-Trail 

 
Tawantinsuyu – Das Reich der Inka. Begründet von Manco Capac um 1200. Es hatte seinen Höhepunkt unter Huayna Capac 1525. Nur 300 Jahre lang waren die Inka-Herrscher gottgleiche Kaiser im „Reich der vier Weltgegenden“. Machu Picchu haben die Spanier nicht gefunden. Der Salcantay-Trail ist ein neuer alter Traumpfad in die „Verlorene Stadt“.

Der einsame Weg üb r den Pass

Der einsame Weg über den Pass

 

 

Die kosmische Mythologie stand im Einklang mit den vier Himmelsrichtungen. Nervenstränge des Inka-Reiches waren die Straßenverbindungen, deren Gesamtlänge auf weit über 20.000 km geschätzt wird. Der Nabel der Welt, das Zentrum des riesigen, wohlgeordneten Reiches, das sich von Quito im heutigen Ecuador bis tief in den Süden Chiles erstreckte, war Cuzco. Die in 3430 m Höhe gelegene Kapitale ist nicht nur die schönste Stadt Perus, sondern auch, aufgrund ihrer historischen Bedeutung, eine der interessantesten Städte ganz Südamerikas. Mächtig und prächtig wie vielleicht das alte Rom.

 Das eindrucksvollste Museum ist das ehemalige Kloster Santo Domingo, das die Spanier über dem Sonnenheiligtum der Inka-Könige errichteten. Erst beim Erdbeben von 1950 wurden die Überreste des Sonnentempels „Coricancha“ zugänglich. Die Mauern waren mit Gold verkleidet, mit Edelsteinen besetzt. Von aller Pracht ist heute nichts mehr zu sehen, und dennoch ist Cuzco prächtig geblieben. Die Grundmauern der meisten Gebäude sind bis heute Original-Inkabaukunst. Die Technik der Steinbehandlung lässt uns ungläubig mit dem Kopf schütteln. Berühmtes Beispiel ist der unglaubliche „Zwölf-Ecken-Stein“ in der Via Peatonal hinter der Kathedrale.

Farbenfrohe Frauen am Titicacasee

Farbenfrohe Frauen am Titicacasee

 
Die Plaza de Armas bildete bereits zur Inkazeit die Herzkammer der Stadt. Auf dem „Platz der Freude“ liefen die Straßen des Reiches aus den vier Himmelsrichtungen zusammen. Eine 250 m lange Goldkette, die zu tragen man 250 Männer benötigte, umspannte den mit weißem Meeressand bedeckten Platz, der heute von der Kathedrale beherrscht wird. Die auf den Grundmauern des Königspalastes errichtete Kirche wirkt wie ein Bollwerk gegen den Sonnenkult. Und so war der Bau auch gemeint. Der Platz ist von Arkaden umgeben, in denen sich Geschäfte, Wechselstuben und Restaurants befinden. Und man sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, die Nationalspeise zu probieren. „Cuyu“ – Meerschweinchen.
 
Derart gestärkt, freut man sich – nach guter Akklimatisation am Titicacasee und in Cuzco – auf das Trekking. Komfort-Trekking nach dem neuen Konzept „Mountain Lodges of Peru“. Das bedeutet sozialverträgliches Öko-Trekking mit Hotelkomfort. Der anspruchsvolle Salcantay-Trail führt auf einem alten Inkapfad durch fruchtbare Flusstäler, orchideenreichen Regenwald, über Lamaweiden, Pampa und hohe Pässe bis zu 4535 m ins Urubambatal und nach Machu Picchu. Beherrschender Berg ist der Mt. Salcantay, heiliger Berg der Inka, 6270 m.

Guanacos - die Rehe der Anden

Guanacos - die Rehe der Anden

 

Das Trekking beginnt bei Mollepata über dem Apurimac, in einer Höhe von 3320 m. Sechs Tage Trekking, 82 Kilometer Gesamtstrecke. Gepäcktransport mit Mulis. Die Etappen sind so angelegt, dass man im Laufe des Nachmittags das Ziel erreicht. Die vier überaus gastlichen Komfortlodges wurden allesamt mit hohem ästhetischem Anspruch umweltverträglich aus heimischem Material errichtet. In strukturell schwacher Region entstanden 80 begehrte Dauerarbeitsplätze. Das begleitende Bildunhgs- und Sozialprojekt ist beispielhaft.
 
Erstes Ziel ist die MLP-Komfortlodge Salcantay, 3800 m. Am Rande der Hochfläche von Soraypampa, duckt sich das langgestreckte, mehrstöckige Gebäude in eine Senke. Der Baukörper wurde vorzüglich der Landschaft angepasst. Aus den komfortablen Doppelzimmern mit Dusche/WC und Heizung schaut man direkt ins Gletschergesicht des Salcantay.

Zum Konzept MLP gehört, dass in der Salcantay-Lodge zweimal übernachtet wird. Das heißt, die Schlafhöhe bleibt unverändert. Und man kann den Ruhetag nach Gutdünken verbringen – mit Nichtstun, mit Reiten oder mit einem geführten Ausflug zu einem Bergsee unter den Eiswänden des Humantay, 5917 m. Dabei überschreitet man die 4000-m-Grenze, setzt einen Höhenreiz und genießt ausgiebig die dramatische Szenerie.

Die Salcantay-Lodge von außen

Die Salcantay-Lodge von außen

 

Eindrucksvoll die Weite karger Hochweiden. Mit etwas Glück sieht man den Kondor kreisen. Tief unten duckt sich die Salcantay-Lodge in eine Senke. Erfreulich unauffällig. So komfortabel konnte man vorher nicht durch die Peruanischen Anden reisen. Von professionellen Köchen vorzüglich verpflegt und von erfahrenen, einheimischen Bergführern sicher geleitet. Das Bett im beheizbaren Doppelzimmer ist gerichtet, der Schlafsack überflüssig.
 
Am dritten Trekkingtag wartet die große Hürde Apacheta-Pass. Ein uralter Übergang, der genau in das Dreieck zwischen Humantay und Salcantay hineinführt. 735 Höhenmeter Aufstieg sind zu bewältigen, erst sanft über Viehweiden, dann in steilen Serpentinen. MLP-Bergführer Pepe prüft vor dem frühen Abmarsch sorgfältig, ob alle genügend zu Trinken dabei haben, die Lunchpakete, wind- und wasserdichte Kleidung.

Die vier „Mountain Lodges of Peru“ wurden aufwändig nach modernen ökologischen und sozialverträglichen Richtlinien gebaut. Sonne und Gas liefern Energie. Auch die Sicherheit stimmt. Für den Notfall hat Bergführer Pepe Flaschensauerstoff dabei. Und es werden immer zwei Notfall-Pferde mitgeführt. Auf halber Passhöhe öffnet sich ein Hochtal, wo gewaltige Felsblöcke Windschutz bieten. Ein idealer Platz für die Pause.

Und die Salcantay-Lodge von innen

Und die Salcantay-Lodge von innen

 

 

Hier oben schlägt das Wetter schnell um. Gerade hat noch die Sonne gelacht, jetzt peitscht der Wind uns Graupelschauer ins Gesicht. Den Schamanen mit ihren Sandalen macht das nichts aus. Sie blasen die Flöte, um Pachamama gnädig zu stimmen. Es ist unglaublich, dass in einer Höhe von deutlich über 4000 Metern, in extrem steilem Gelände Kühe weiden. Verwöhntes bayerisches Almvieh würde sich hochnäsig abwenden.

Immer wieder öffnen sich Fenster mit dramatischen Ausblicken auf den Salcantay und seine eisigen Wände. Jeder sucht seinen Gehrhythmus. Gespräche sind längst verstummt. Eine kleine Armee von Steinmännchen kündigt die Passhöhe an. Jeder Reisende hat einen kleinen oder größeren Stein in seiner Jackentasche aus dem Tal hier heraufgetragen, als kleines Opfer, als Gebet für die sichere Ankunft. Ungerührt ziehen die Lasttiere mit den Reisetaschen vorbei.

Für die Salcantay-Trekker ist der Apacheta-Pass, 4535 m hoch, der Gipfel. Der höchste Punkt des Trekkings. Und so umarmt, gratuliert man und positioniert sich zum Gruppenbild: Es schneit. Und die Schneekristalle bizzeln im Gesicht. Deshalb sucht die Gruppe dann doch schnell wieder tieferes Terrain. Der Abstieg ist technisch ebenso unproblematisch wie der Aufstieg. Nie zu steil, in langgezogenen Schleifen hinunter ins Hochtal Wayraccmachay, „wo der Wind lebt“, wie die Quechua sagen.

Karge Weiden für die Andenkühe

Karge Weiden für die Andenkühe

 

 

Beim Abstieg – es ist keine Höhen-Halluzination – stößt man unvermutet auf zwei geräumige Zelte. In einem wird Lunch gekocht, im anderen gegessen. Und es fehlt auch nicht an persönlichen Waschschüsseln für jeden einzelnen Trekker. Es gibt Suppe, Gemüse, und gebratene Forelle. Und Obst zum Nachtisch. Natürlich auch Kaffee und anregenden Cocatee. Wie gesagt: wir befinden uns auf einem Komfort-Lodge-Trekking.
 
Die Huayrac-Lodge erhebt sich auf einem Hügel inmitten von Kuhweiden. Direkt am Bach. Aus massivem Stein erbaut, grüßt die höchste Lodge der Runde in 3870 m Höhe zurück in Richtung Salcantay. In der Lobby sorgen Gas-Heater für Wärme. Zur „Blauen Stunde“ wird Popcorn angeboten, Warmgetränke gratis, aber man kann auch ein Bayerisches Weißbier haben – isotonisch, gegen den Durst. Der Service ist zuvorkommen, immer freundlich, immer liebenwürdig, auch wenn es mit der sprachlichen Verständigung ein wenig hakt.

Nach ausgiebigem Frühstück geht es anderntags weiter hinunter. Durch die Klimazonen bis zur „Augenbraue des Regenwaldes“, wo die bekannte Inka-Blume leuchtet. Von den Hochanden durch Nebel- und Regenwald in wärmere Regionen. Man kann sich gar nicht sattsehen, an all den Blüten am Wegrand – oder hoch oben in den Astgabeln. Das ist der Vorteil, wenn man im September unterwegs ist, die Regenzeit beginnt allmählich, der Frühling kommt und die Natur zeigt sich in voller Schönheit. Wasserfälle stürzen in den St. Theresa-Fluss. Immer wieder Brücken. Abstiege und Aufstiege in stetem Wechsel.

Meerschweinchen-Braten muss man probieren

Meerschweinchen-Braten muss man probieren

 

Die Collpa-Lodge in Mesada, nur noch 2870 m hoch, ist wieder in anderem Baustil errichtet, anders ausgestattet, der Umgebung angepasst. Hier verwöhnt Grasland Lamas und Alpacas. Jeden Nachmittag freut man sich auf die herzliche Begrüßung. Das Gepäck ist schon im Zimmer. In den höher gelegenen Lodges findet man beim Zubettgehen Wärmflaschen unter flauschigen Spezialdecken. Standard sind Doppelzimmer mit Dusche/WC, Frühstücksbüffet, Dreigang-Abendessen und – bis auf die Dschungellodge Lucma – Jacuzzi unter freiem Himmel.

Die sechs Doppelzimmer sind mit heimischen Musikinstrumenten, bunten Handarbeiten und Teppichen authentisch geschmückt. Der Garten besticht mit sorgfältig angelegten Wegen. Der Blick wandert über die mit Ichugras gedeckten Hütten im Umgriff der Lodge hinüber auf die andere Seite des Tals, wo der Weg weiterführt in Richtung Lucma. Zum Lunch wird her „Pachamanca“ serviert, das peruanische Nationalgericht mit Meerschweinchen, Huhn und viel Kartoffeln.

Und dann lockt Machu-Picchu

Und dann lockt Machu-Picchu

 

Wie ein Monolith steht der Schamane hoch über der Schlucht. Was er von seinen Vorfahren ererbt hat, macht ihn zum Brückenpfeiler. Er garantiert spirituelle Verbindung zwischen Mittelalter und Moderne, zwischen Inkazeit und 21. Jahrhundert. Die Komfortlodge Lucma, 2715 m, ist umschlungen von Wald. Das Rauschen des Rio St. Theresa ständig im Ohr, ist der fünfte Trekkingtag nach dem Konzept „Mountain Lodges of Peru“ geprägt von beständigem Abstieg. Panoramawege führen aus dem Nebelwald in Obstgärten und Kaffeeplantagen.

Das Klima hat sich vollständig verändert. Das letzte Komfort-Quartier auf dem Salcantay-Trail – wiederum mit sechs wohnlichen Doppelzimmern mit Dusche/WC – kommt ohne Heizung aus. Und ohne Wärmflaschen. Und ohne Jacuzzi. Die letzte Etappe auf dem Salcantay-Trail ist ein voller, anstrengender Wandertag. 660 Höhenmeter geht es – teilweise auf Original Inkastufen – hinauf zu einem allerletzten Pass. Und dann  taucht ein Original Inka-Bauernhof auf. Und über das heilige Urubamba-Tal hinweg öffnet sich der erste freie Blick auf Machu Picchu. Ein Blick, der Normal-Touristen verwehrt bleibt.

Der "letzte Inka" in den Straßen von Cuzco

Der "letzte Inka" in den Straßen von Cuzco

 

Der Abstieg ist steil. In unzähligen Serpentinen durch den Dschungel. Suchbild mit Trekkerin? – Da steht sie doch, unter den Bananenblättern. 930 Höhenmeter sind es bis zur Brücke. Und dann noch ein paar flache Kilometer bis zum Bahnhof. Bis zur Bahnhofswirtschaft, in der man das Ende des Salcantay-Trails mit einem Bierchen begießen kann.

Zwei Stationen tuckert die Andenbahn hinauf nach Aguas Calientes bzw. Machu Picchu-City, wie man sich heute nennt. Es ist ein schönes Ankommen, ein stolzes Ankommen. Der Salcantay-Trail ist absolviert. Fast 3000 Höhenmeter im Aufstieg, rund 4000 Höhenmeter im Abstieg. Gut 30 Stunden reine Gehzeit haben wir für 82 km Strecke gebraucht.

Aguas Calientes, der Ort mit den heißen Quellen, ist nicht schön, aber exotisch, wild. Der Zug fährt mitten durch die Ortschaft und jeder will sehen, wenn der Zug kommt. So hat jede Kneipe eine Terrasse mit Blick auf den Bahnsteig. Es gibt Hunderte von Läden und Gasthäusern. Selbstverständlich kann man per Internet in alle Welt telefonieren. Shopping total ist angesagt: Handarbeiten, Decken, Teppiche. Die Preise sind günstig. Und es macht Freude, mit den Händlerinnen zu feilschen. Die nehmen alles: Soles, Dollar, Euro.

Cuzco, die Kathedrale. Eine der schönsten Städte Südamerikas.

Cuzco, die Kathedrale. Eine der schönsten Städte Südamerikas.

 

Und noch steht ein Höhepunkt bevor. Wie der klassische „Inkatrail“, so endet auch der Salkantay-Trail in Machu Picchu. Der Inka-Bauernhof am letzten Gehtag erinnert an das Sonnentor. Jetzt freut sich alles auf den Besuch der „Verlorenen Stadt“.